Aktive Sicherheit für Insassen

Autor: Heinz Georg Hiekmann
Datum: 22.01.2012

Aktive Sicherheit für Insassen

Zu den größten Risiken auf Straßen (in Europa sind 40 % der tödlichen Verkehrs-unfälle auf Abkommen von der Fahrbahn zurückzuführen) gehören:
  • das unkontrollierte Abkommen von der Fahrbahn
  • der Zusammenstoß mit Fahrzeugen und Hindernissen entlang der Fahrbahn
  • der Absturz von Brücken und Böschungen
Fahrzeugrückhaltesysteme an Straßen haben die Aufgabe die Folgen von möglichen Unfälle zu mindern und Schlimmeres zu verhindern bei z.B. Frontalzusammenstöße im Mittelstreifenbereich, Abstürze im Randbereich über eine Böschung oder Brücke.Moderne Stahlschutzplankenkonstruktionen haben sich als die leistungsfähigsten Fahrzeugrückhaltesysteme über Jahrzehnte durchgesetzt und im täglichen Einsatz bewährt. Der Werkstoff Stahl erfüllt optimal die in der EU seit 2011 verbindlichen europäischen Normen EN 1317 für Fahrzeugrückhaltesysteme. Das wichtigste Argument zum Schutz von Insassen in Personenkraftwagen ist die Aufprallheftigkeit  als sogenannter  ASI-Wert (Acceleration Severity Index), der den Schweregrad der Beschleunigung im Fahrzeuginnern beschreibt  und in drei Stufen A,B,C eingeteilt ist. Der Wert ASI = A stellt dabei die beste Insassensicherheit dar. Rückhaltesysteme, die ASI = B erreicht haben, verursachen höhere Belastungen und es ist mit Verletzungen zu rechnen. Der ASI = C verursacht die höchsten Belastungen und kann tödliche Verletzungen verursachen. Ein System mit ASI = A sollte bei gleicher Aufhaltestufe somit immer einem ASI = B System vorgezogen werden. ASI = C sollte von den Verantwortlichen Planern nur in Ausnahmefällen und von den Straßenbetreibern als Sonderlösung in Betracht gezogen werden.
Die Anprallheftigkeitsstufe dient in erster Linie als Vergleichswert für kleinere Fahrzeuge, die in 90 % aller Fälle in Unfälle verwickelt sind. Hierbei kommt es darauf an, durch den Wert der Anprallheftigkeit zu erkennen, inwiefern Insassen von kleinen Pkws oder Pkws allgemein durch einen Anprall an eine passive Schutzeinrichtung gefährdet sind.
In der Straßenverkehrstechnik (54) veröffentlichte die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrstechnik (FGSV) 2010 Untersuchungsergebnisse von Prof. M Feldmann zum Thema „Schutz von Fahrzeuginsassen durch verbesserte Wirkung von Stahlschutzplanken“ „Zur Verbesserung des Schutzniveaus von Fahrzeuginsassen bei einem Unfallgeschehen zwischen Fahrzeug und Schutzeinrichtung an Straßen wurden in einem disziplinübergreifenden Forschungsprojekt der beiden Forschungsstellen Lehrstuhl für Stahlbau und Leichtmetallbau und Institut für Kraftfahrzeuge der RWTH Aachen die Insassenreaktionen und -belastungen sowohl von Seiten der konstruktiven Auslegung der Schutzeinrichtung als auch bei der Betrachtung des Fahrzeugs untersucht. Die Bewertung der derzeitigen für die Anprallheftigkeit bei Anprallprüfungen an Schutzeinrichtungen gemäß den Prüfvorschriften nach EN 1317-2 Ausgabe 2006 verwendeten Einstufungskriterien - insbesondere des Acceleration Severity Index (ASI) - stand im Mittelpunkt der Arbeiten. Dabei konnte zugrunde gelegt werden, dass es für das in der Fahrzeugindustrie verwendete Kriterium Head Injury Criterion (HIC, eine Auswertung der Beschleunigungen am Kopf) bereits Korrelations-untersuchungen bezüglich der Verletzungsschwere gibt, während vergleichbare Untersuchungen für die wesentliche in EN 1317-2 verwendete Kenngröße ASI (Aus- und Bewertung der Beschleunigungen am Fahrzeugschwerpunkt) nicht bekannt sind. Daher wurden sowohl Simulationen als auch Schlittenversuche mit Dummy mit und ohne Fahrzeugkarosserie durchgeführt. Es konnte festgestellt werden, dass zwischen dem ASI und dem HIC ein polynomer Zusammenhang mit hohem Bestimmtheitsmaß besteht. Eindeutig belegen die Ergebnisse zudem sowohl in der Simulation als auch im Versuch die deutlich höhere Insassenbelastung bei Fahrzeuganprall an vergleichsweise starre Rückhaltesysteme im Vergleich zu den eher nachgiebigen Rückhaltesystemen!“
Um das Aufhaltevermögen von Fahrzeugrückhaltesystemen zu vergleichen, wurden in der Norm EN 1317 Aufhaltestufen definiert, die entsprechende Versuchsanordnungen beschreiben und durch Anprallprüfungen nachgewiesen werden. Als Versuchsergebnis wird der sogenannte Wirkungsbereich gemessen der den Grad der Verformung in 8 Stufen beschreibt. Der jeweilige Wirkungsbereich sagt nicht über den Schutz für Insassen aus und kann somit nur zur Orientierung für die örtliche Planung angesetzt werden. Prüfungen gemäß EN1317 haben bewiesen, dass moderne Stahlschutzplanken die leistungsfähigsten Fahrzeugrückhaltesysteme mit Aufprallheftigkeit  ASI = A sind und daher den besten Schutz für Insassen bieten. Darüber hinaus wurden innovative Stahlkonstruktionen entwickelt die höchste Aufhaltestufen erreichen um Lastkraftwagen bis 38 to durchbruchsicher aufzuhalten. Erfahrungsgemäß haben Betonabweiser, Erdwälle, Spannseilsysteme und Kunststoffmodule nicht das notwendige Innovationspotential um den ständig wachsenden technischen und wirtschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden.